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Bierfest-Unfall geht in die zweite Instanz

Kulmbach Für die Eltern des vor rund eineinhalb Jahren durch einen schweren Verkehrsunfall getöteten Matthias Himmler ist es eine Gratwanderung. Auf der einen Seite wollen sie gar nicht, dass die junge Frau, die am 4. August 2012 in betrunkenem Zustand auf der Heimfahrt vom Bierfest ihren Sohn umgefahren und getötet hat, härter bestraft wird. Das Strafmaß selbst ist der Familie Himmler nach eigenem Bekunden nicht so wichtig. Was die Himmlers aber nicht hinnehmen wollen: So wie sich das Urteil des Kulmbacher Jugendschöffengerichts für sie darstellt, gibt es keinen „Schuldigen“ für den Tod ihres Sohnes. Darüber hinaus können die Himmlers, wie sie erklären, wegen dieses Urteilsspruchs noch nicht einmal die Versicherung der Autofahrerin für die Bezahlung der Beerdigungskosten in Anspruch nehmen. Deswegen haben sich Rita und Waltfried Himmler entschlossen, Berufung gegen dieses erstinstanzliche Urteil einzulegen. Der Fall wird nun vor der Jugendkammer des Bayreuther Landgerichts erneut aufgerollt. Wann die Verhandlung stattfinden wird, ist nach Aussagen der Bayreuther Justiz noch unklar.

Kontrovers diskutiert

Das Kulmbacher Urteil hatte zahlreiche kontroverse Diskussionen ausgelöst. Jugendrichter Christoph Berner und seine beiden Schöffen haben die damals 20-jährige Studentin als Heranwachsende nach Jugendstrafrecht verurteilt. Das Urteil: 120 Sozialstunden sind abzuleisten, die junge Frau muss sich zwei Drogen-Screenings unterziehen und sie muss für die Dauer eines Jahres die begonnene Psychotherapie fortsetzen. Nach Ablauf von drei Monaten hätte die jetzt 21-Jährige ihren Führerschein wieder beantragen können, der ihr unmittelbar nach dem Unfall weggenommen worden war. Verurteilt wurde die junge Frau wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr sowie wegen unerlaubten Entfernens von der Unfallstelle. Mit mindestens 1,4 Promille Alkohol im Blut hatte sie zunächst Unfallflucht begangen, war dann aber mit ihrem Vater an die Unfallstelle auf der B 85 bei Ziegelhütten zurückgekehrt, wo sie den bereits leblosen 30-Jährigen im Straßengraben fanden und sofort den Rettungsdienst alarmierten.

Ein Gutachter hatte vor dem Kulmbacher Amtsgericht erläutert, dass Matthias Himmler in seiner dunklen Kleidung erst zu spät erkennbar gewesen sei. Dadurch, so die Meinung des Gutachters, wäre der Unfall auch für einen nüchternen Fahrer nicht vermeidbar gewesen. Zudem sei der Fußgänger auf der rechten Fahrbahnseite gelaufen und nicht links, wie er es außerorts hätte tun müssen. Auch die Tatsache, dass die junge Frau zunächst geflüchtet war und erst später Hilfe geholt hat, hätte am tödlichen Ausgang dieses Unfalls nichts geändert. Zu schwer waren die Verletzungen des jungen Mannes, wie die Gerichtsmediziner aus Erlangen festgestellt haben.

Das Gericht hat zwar nicht auf fahrlässige Tötung erkannt, wie es die Eltern und ihr Nebenklagevertreter, der Kronacher Rechtsanwalt Till Wagler, beantragt hatten. Aber es hat die junge Frau verurteilt, die nötigen Kosten der Familie des Unfallopfers zu übernehmen. Das war zudem für den Verteidiger der Unfallfahrerin, den Nürnberger Rechtsanwalt Thomas Dolmany, Grund gewesen, zwar nicht in Berufung zu gehen, aber eine Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung des Gerichts einzulegen. Weil die junge Frau aus dem Landkreis Kulmbach wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden ist, kann ihre Haftpflichtversicherung alle Zahlungen verweigern.

Schulden aufgetürmt

Das bedeutet, die Studentin, die wegen ihres Studiums bereits mehr als 40 000 Euro Schulden aufgetürmt hat, müsste nochmals weit mehr als 20 000 Euro Schulden machen. Ein Betrag, den die junge Frau kaum zahlen könnte. Ein Betrag aber auch, den man kaum auf die Eltern des Getöteten abwälzen kann.

Die Geschehnisse am frühen Morgen des 4. August 2012 werden also voraussichtlich im kommenden Frühjahr noch einmal aufgerollt werden. Dann wird die Jugendkammer des Bayreuther Landgerichts zu entscheiden haben, ob das Urteil des Kulmbacher Jugendschöffengerichts bestätigt werden wird, oder ob die Richter ein anderes Urteil sprechen.

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