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Ein nicht so perfekter Tag im Assi-Kitchen

Sozialbau (Symbolfoto von Shutterstock)Sozialbau (Symbolfoto von Shutterstock)

Die Bloggerkollegin von Fashion-Kitchen hat unter der Headline ?cozy knits on a rainy day? einen ihrer harten Tage geschildert, es ist ein Blogartikel in dem es um Hund sein geht, um kalte Büros, lauwarmes Wasser in der Badewanne, nicht angeschürte Kachelöfen und den Stress eines Jobs und eines Bloggerinnenlebens. Glücklicherweise wird am Ende alles in der Strickjacke gut.

Ein Tag in meinem Leben würde nicht viel anders aussehen, ich würde solch einen Tag voll mit Mails, lauwarmen Badewasser und kalten Kachelöfen auch als nicht sehr gelungen ansehen, aber ich glaube die meisten Menschen würden sich über einen solchen Tag, wie ihn die 27-jährige Ann-Christin erlebt, freuen.

Ihren Tagesablauf habe ich daher einmal ein wenig umgeschrieben und an den Alltag vieler Menschen in unserem Land angepasst, ein Tag der dann eher ?verloren? ist und keinen Spaß macht, auch weil am Ende keine Knuddelidylle in der warmen Strickjacke auf dem Programm steht.

cozy knits on a rainy day ? Im normalen Leben von Zoé aus Hamburg

Es ist Montagmorgen, es ist dunkel und regnet in Strömen. Es ist kalt und ich habe Hunger. Kennt Ihr das, wenn irgendwie nichts klappt, alles doof ist und man denkt, die ganze Welt ist gegen einen? Schon in der Früh bin ich nicht richtig aus dem Bett gekommen, ich hätte viel lieber noch Urlaub und würde gerne weiter schlafen, aber der Wecker reißt mich aus meinem Traum ? wo ich gerade auf einem Helene Fischer Konzert alle Songs mitsinge!

Ich mache den Wecker aus und ziehe mir die Decke über den Kopf? Ich will nicht? verdammt, aber ich muss. Also wackele ich ins Bad, Max schreit in seinem Bettchen und muss noch gefüttert werden und dann passt meine Große auf ihn auf. Single sein müsste schön sein, oder wenigstens Kinderlos.

Im Bad angekommen, mache ich den Radio an, das Gedudel nervt mich jetzt schon und ich überlege, die Kiste wieder abzustellen. Am Klo stelle ich fest, dass die Rolle leer ist, verdammt! Beim Zähneputzen tropft mir die Zahnpasta auf mein T-Shirt, oh man, aber neben den Rotzflecken von Max ist das auch nicht so schlimm, denke ich mir und werfe das Shirt auf den Wäschehaufen. Meine Titten hängen schlaf an meinem Körper runter, zwei Kinder machen aus jeder standhaften Brust einen Schlauch, egal denke ich mir und ziehe mir was wärmendes an, damit ich gleich nicht so friere an der Bahn.

Ich schlüpfe in eine Thermojacke, denn am Montag ist es auf dem Amt immer eiskalt, übers Wochenende wird nämlich immer die Heizung abgestellt, damit sparen die Steuergelder. Nachdem ich im Bad fertig bin, versorge ich Max, für ein Frühstück bleibt keine Zeit. Ich packe mir eine bräunliche Banane ein und nehme trinke noch einen Schluck Kaffee von Peter, der vor drei Stunden zur Schicht los ist.

Ich checke kurz die Angebote bei Aldi und Lidl, mache mir Notizen und schaue was wir noch in der Kammer haben, der kalte Kaffee ist bitter und ich muss leicht würgen, denn das letzte Bier ist irgendwie nicht gut gewesen. Scheißtag denke ich.

Ich packe alles in meine Tasche, ziehe eine zweite Jacke an und gehe zum Bus. Hurra, es regnet!
Ich schaue auf die Uhr, oh man, ich bin viel zu spät dran. Ach egal. Um kurz vor 7:00 Uhr stehe ich im eiskalten Flur vom Amt und ziehe meine Nummer. Vor mir sind schon 55 andere Arbeitssuchende eingetroffen und alle sehen müde, kaputt und schon am Montagmorgen fertig aus. Eben gerade aus dem Busfenster habe ich eine junge Göre in ihrem schicken Auto gesehen, sie hat mit irgendjemanden am Telefon geredet. Ich möchte am liebsten mit dem Kopf an die Amtwand schlagen, so kacke ist der Tag schon jetzt.. Ich weiß nicht was schlimmer ist, die Masse an anderen Arbeitssuchenden oder die Eiseskälte. Gut das ich wenigstens die kostenlose Wochenzeitung zum Lesen dabei habe, ist zwar nur ein kleiner Trost, aber immerhin.

Einige Stunden später, es ist 11 Uhr und ich hatte meinen Termin. Ich habe fast alle Aufgaben der Amtsfrau abgearbeitet und muss erst in vier Wochen wiederkommen. Unzählige andere Frauen die nur halbe Tage arbeiten können, treffe ich nächste Woche in einem Beratungskurs. Jetzt muss ich mit dem Bus durch die halbe Stadt fahren und an der Tafel noch ein paar Sachen abholen, dann Trixie ablösen, die muss zu ihrem Job im Café an der Uni, die Elite des Landes bedienen und ich übernehme meinen kleinen Sonnenschein. Geld ist auf der Prepaidkarte auch keines mehr, ich muss also warten bis Peter anruft und er mir sagt ob er es heute noch mit dem LKW bis Augsburg schafft und dann nach Bukarest weiterfahren muss. Hoffentlich gibt er nicht wieder zu viel Geld für Bier und eine von den Strichmädchen aus, denke ich, aber die Nuttenphase hat er eigentlich hinter sich gebracht.

Ich bin richtig matschig im Kopf, der Kleine nervt und im TV läuft auch nur Mist. Ich möchte einfach nur pennen und mal wieder einen großen Teller Ravioli aus der Dose essen oder sonst irgendetwas Leckeres. Aber jetzt muss ich erst mal Wäsche waschen, Wäsche abhängen und zusammenlegen, etwas zum Abendessen basteln und erwärmen, Geschirr spülen und in den Waschkeller gehen und was noch so alles anfällt erledigen.

Nach dem Essen werfe ich mich zum Aufwärmen in die Badewanne, ach man? ich habe gar keine Badewanne und stelle mich unter die Dusche. Irgendwas stimmt wieder mit der Therme nicht, nur lauwarmes Wasser, aber immerhin Wasser. Der alte Bademantel ist kratzig und irgendwie riecht er muffig. Die Bodylotion ist alle, in diesem Monat fehlt das bisschen Geld hinten und vorne. Ich föhne mir schnell die Haare und rauche eine, heimlich auf dem Klo, sonst drehen die Kids durch.

Dann nehme ich mir die Post der letzten Tage, die Klassiker darunter Mahnungen, Zahlungserinnerungen und jede Menge Werbung. Ich beantworte die Post und bitte um Zahlungserleichterung, ich brauche echt bald wieder einen Job, aber trotz Mindestlohn wird sich da nicht viel lohnen. Irgedwann pfänden sie uns mal die Windeln unter dem Babyarsch weg. Ich würde gerne noch eine rauchen, aber ich spare sie mir für morgen auf.

Es ist ca. 22 Uhr und ich schalte die Glotze aus aus. Mittlerweile spüre ich nicht mehr wie der Bademantel kratzt. Ich schaue nochmal aufs Handy und sehe keinen Anruf in Abwesenheit. Ich werde ein bisschen traurig und lege mich ins Bett, die Kinder schnarchen vor sich hin.

Um kurz vor 23 Uhr lege ich das Handy weg und kuschle mich tief seufzend in mein Kissen und beginne von einem Leben als erfolgreiche Bloggerin zu träumen in dem eine fehlende Klorolle mein größtes Problem ist.

Nachwort

Warum schreibe ich das alles? Um Euch ein bisschen zu zeigen, dass manche Tage wirklich nicht perfekt sind und es eben unterschiedliche Sichtweisen auf Probleme des Alltags gibt. Die eine Frau macht sich Sorgen um Klorollen und Kachelöfen, andere Frauen hocken in der Sozialwohnung und kämpfen mit dem Amt und der Inkassomafia, weil nicht jeder das Glück hat ein fast perfektes Leben zu leben.

Der Blogbeitrag von fashion-kitchen gehört zu der bunten und heilen Welt die manche von uns erleben dürfen, daher ist an der Schilderung von Ann-Christin auch nichts auszusetzen. Ich wollte dennoch einen Kontrapunkt setzen.

Eure Maria

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