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Combes: Alcatel-Lucent ist wieder da

Durch Konzentration auf die Geschäftsfelder IP-Netze, Cloud und Ultra-Breitband sowie Abspalten des Segments für Unternehmensnetze will Michel Combes den angeschlagenen Kommunikationskonzern schon 2015 wieder in die Gewinnzone bringen.

Die Pleite ist abgewendet, nun ist der Netzwerkausrüster angriffslustig. Erstmals seit 2006 traf sich das Management mit Finanzanalysten. Bereits im nächsten Jahr soll wieder Gewinn gemacht werden.

Der Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent (ALU) hat nach eigenem Bekunden die Kurve gekratzt: „Vor 20 Monaten war die Firma fast bankrott. Die Kunden mögen das üblicherweise nicht“, sagte CEO Michel Combes am Mittwoch in New Jersey. Tags davor hatte das Management das erste Investorentreffen seit 2006 veranstaltet. „Wir haben die erste Phase unseres Turnaround erfolgreich durchgeführt“, war Combes Kernbotschaft, „nächstes Jahr wollen wir wieder einen positiven Cashflow erzielen.“ Den gab es zuletzt 2007.

Seither habe das Unternehmen jährlich 600 Millionen bis 800 Millionen Euro verbrannt, stellte Combes fest. Der Franzose hat vergangenes Jahr die Konzernleitung übernommen. Er nahm sich vor, das Unternehmen neu auszurichten, zu restrukturieren und zu refinanzieren. Davor war ALU ein Netzwerk-Generalist gewesen: „Das war hart, weil wir nicht groß genug waren, um in allen Segmenten mitzuhalten“, sagte Combes am Mittwoch in einer Rede vor Technikern und Journalisten.

Nunmehr konzentriert sich ALU auf IP-Netze, die Cloud und Ultra-Breitband. Dazu gehören auch Angebote für LTE-Netzbetreiber. Bei besonders kleinen Mobilfunkzellen (Small Cells) bezeichnet sich ALU als Weltmarktführer. Das soll auch in anderen Bereichen gelingen: „Gehen Sie davon aus: Die Firma ist zurück im Spiel. Aber nicht, um Nummer 15 zu sein“, kündigte Combes eine Offensive an, „sondern um ein Sieger zu sein innerhalb der nächsten fünf Jahre.“

Sparmaßnahmen liegen über dem Plan

Die laufende Restrukturierung soll 950 Millionen Euro Fixkosten einsparen. 15.000 Stellen wurden gestrichen. Bisher hat das Sparprogramm 645 Millionen Euro gebracht und liegt damit über dem Plan. Anfang Oktober wurde die Sparte mit Kommunikationslösungen für Konzerne fast zur Gänze an einen chinesischen Finanzinvestor verkauft. Das abgespaltene Unternehmen firmiert als Alcatel-Lucent Enterprise.

Combes hat auch die erforderlichen Geldgeber gefunden: „Wir haben in zwölf Transaktionen in den vergangenen 20 Monaten 5,5 Milliarden Euro aufgenommen“, berichtete der CEO. Damit konnte er im August auch die firmeneigenen Patente auslösen. Sie waren als Sicherheit für Schulden verpfändet gewesen.

Die nächste Phase umreißt Combes mit Innovation, Transformation und profitablem Wachstum: „Wir haben überall Kosten gesenkt, außer bei der Innovation.“ Stolz verweist er auf acht Nobelpreisträger, die aus den hauseigenen Bell Labs hervorgegangen sind. Dieses Jahr wurden drei neue Entwicklungslabors eröffnet, und zwar in Israel für die Cloud, in Kalifornien für IP-Netze und in Großbritannien für Videodienste.

Verbündete gesucht

Helfen sollen auch Partnerschaften: Auf der technischen Seite mit Qualcomm, Intel und Freescale, bei Vertrieb und Kundenservice mit HP, Accenture sowie mit den eigenen Kunden. Netzbetreiber, die bei ALU einkaufen, sollen wiederum ihren Großkunden ALU-Dienste anbieten. Auch Managed Services und Consulting-Angebote gehören zu Combes‘ Spielplan.

Außerdem hofft der französische Manager auf eine Diversizifierung seines Kundenstammes. Zu den Mobilfunk- und Festnetzbetreibern sollen vermehrt Großkonzerne sowie die bislang nicht beackerten Kabelnetzbetreiber kommen. Letzteren bietet ALU die in der Kabelbranche übliche Docsis-Provisionierung neuerdings über EPON (Ethernet Passive Optical Network) an.

Die Investoren sind noch nicht ganz überzeugt. „Die allgemeine Einschätzung ist, dass Alcatel-Lucent zwar jetzt nicht mehr Pleite gehen wird“, meinte ein Finanzanalyst im Gespräch mit heise Netze, „Aber bezüglich der großen Markterfolge herrscht Skepsis.“ Das Unternehmen ist zudem stark vom US-Markt abhängig. Vergangene Woche hat AT&T ankündigt, 2015 statt bisher 21 Milliarden nur noch 18 Milliarden US-Dollar zu investieren. Daraufhin verlor die ALU-Aktie rund fünf Prozent an Wert.

Alcatel-Lucent hat Umbuchungsgebühren für ein Flugticket sowie die Unterbringung des Autors am Veranstaltungsort übernommen. (ds)

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